Reisebericht Müritz
Ganz gemächlich Wasserwandern
Einen Führerschein braucht man nicht mehr: Mit dem Hausboot unterwegs auf den Kanälen und Seen rund um die Müritz
Von Alexander Jungkunz
Wandern ist „in”. Aber Wasserwandern? Ja doch: Auch das hat was – ganz gemächlich mit dem Hausboot die Kanäle und Seen in Mecklenburg-Vorpommern entlangschippern, nicht viel schneller als ein Wanderer, von einem „Wasserwanderrastplatz” zum nächsten. „Wasserwanderrastplatz”: In der Tat, so etwas gibt es rund um die Müritz, diesen mit 117 Quadratkilometern größten rein deutschen Binnensee (den Bodensee teilen sich die Deutschen mit Österreich und der Schweiz).
Hinter dem komplizierten Wort „Wasserwanderrastplatz” verbirgt sich etwas ganz Einfaches: eine Anlegestelle für die diversen großen und kleinen Boote, die auf der Seenplatte unterwegs sind. Oft mit Kneipe und Sanitäranlagen – und wichtig für die Boots-Tour: denn das Anlegen unterwegs, an den Ufern der Müritz-Elde-Wasserstraße, ist nur sehr selten möglich.
Manchmal findet man aber doch eine abgelegene Stelle – am Ufer des kleinen Jabelschen Sees zum Beispiel, wo wir das Boot an Bäumen festmachen und ganz ungestört sind. Bis auf das Schwanen-Paar und den Haubentaucher, die immer mal wieder schauen, ob etwas für sie abfällt aus der Bordküche. Über Details, Tipps und Tücken der Fahrt informiert uns der Fachmann von der Marina des Anbieters Nicols in Lübz. Dort startet unsere Vier-Tages-Tour mit dem Ziel Waren, dem Haupt-Tourismusort an der Müritz.
Seit einigen Jahren braucht man auch in Deutschland keinen Bootsführerschein mehr für die Rundfahrt. Wer dieses Papier allerdings hat, ist im Vorteil: Man erspart sich die dreistündige Einführung, die Ungeübte fit machen soll fürs Schippern – das am Anfang gar nicht so einfach ist. Da fährt man meist viel zu schnell – und lenkt wie im Auto, zu hektisch und zu viel. Aber nach ein paar Stunden ist man drin im ruhigen Rhythmus des Bootes, tuckert mit etwa zehn Stundenkilometern durch Mischwälder und Weiden und natürlich über viele große und kleinen Wasserflächen der Seenplatte.
Da geht es durch einige wenige Schleusen, durch eine Hubbrücke (in Plau) und durch die nur zur vollen Stunde öffnende Drehbrücke in Malchow (wo zudem das schöne alte Kloster samt Orgelmuseum in der Klosterkirche einen Besuch lohnt). Da müssen die Autos dann warten, bis die Schiffe die Durchfahrt passiert haben. Und der Brückenwärter sammelt mit einer Art Klingelbeutel von der Boots-Crew Spenden ein für den Erhalt des Baudenkmals.
Wer mag, der kann an Bord angeln. Fische gibt es jede Menge. Und wer auf einem der Seen Anker wirft, kann baden gehen – die Wasserqualität ist sehr gut. Fisch lockt natürlich auch auf den Speisekarten der Lokale entlang der Wasserstraßen, geräuchert, gebraten, in jeder Variante. Doch die Besatzung darf auch selbst kochen: die Boote sind allesamt bestens ausgestattet, mit Küche, Essecke, kleinen, aber ausreichenden Doppel-Kabinen samt jeweils Minidusche und WC.
Steuern lassen sich die Boote von innen und außen. Wenn das Wetter einigermaßen mitspielt, ist es immer empfehlenswert, den äußeren Steuerstand zu verwenden: man sieht, riecht und hört da einfach mehr – und fühlt sich so viel stärker als echter „Wasserwanderer”. Zieht seine Bahn. Langsam, ganz langsam. Beobachtet Eisvögel am Ufer oder Reiher. Fährt 20, 25 Kilometer am Tag – mehr muss nicht sein. Zumal es zwischendrin viel zu entdecken gibt: Landschaft satt mit Naturparks – und kleine reizvolle Örtchen. Garantiert erholsam!